Unsere Welt ist oft laut und hektisch. Für die meisten ist dies kein Problem. Man ist vielleicht einmal ein wenig genervt davon. Aber mehr nicht. Für Menschen mit Autismus sieht die Sache etwas anders aus. Da kann schon der Besuch eines Ladens zu viel sein. Darum hat Hans-Ruedi Schnellmann in seinen 14 SPAR Märkten die Stille Stunde eingeführt. In dieser Zeit können autistische und hypersensitive Menschen bei gedimmtem Licht und kompletter Stille einkaufen.
Wie gross der Unterschied zum «normalen» Einkauferlebnis bei SPAR während der Stillen Stunde ist, merkt man erst, wenn man sich während der jeweils zwei Stunden am Dienstagnachmittag in einem der 14 Märkte von Hans-Ruedi Schnellmann aufhält. Das Licht ist gedimmt und es herrscht absolute Ruhe im Laden. Keine Durchsage, keine Musik, die Screens sind ausgeschaltet und auch die Kasse piept nicht. Man fühlt sich wirklich fast ein wenig in einer anderen Welt. Eine Welt, die für Menschen mit Autismus aber die einzige Möglichkeit ist, ein Stück Alltag erleben zu können.
«Mir geht es bei der Stillen Stunde vor allem darum, der Nachbarschaft etwas zurückgeben zu können», erklärt Hans-Ruedi Schnellmann seine aussergewöhnliche Initiative. Auf die Problematik aufmerksam wurde er durch einen Artikel aus Neuseeland. Darin schilderte ein Detailhändler, der selbst ein Kind mit Autismus hatte, wie er in seinem Laden eine Stille Stunde eingeführt hatte und welche positiven Auswirkungen dieser Schritt auf die ganze Community hatte. «Ich lasse mich sehr gerne von anderen inspirieren und leiste im Rahmen meiner Möglichkeiten gerne einen Beitrag, um unser Zusammenleben zu bereichern und den Menschen zu helfen, die es nicht so einfach haben wie die grosse Mehrheit.
Auf die Inspiration folgte die Planungsphase. HansRuedi Schnellmann nahm mit der Schule für autistische Kinder in Urdorf Kontakt auf, um seine Idee mit Fachleuten abzusprechen. Denn persönliche Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Autismus hatte er bis dahin keine gemacht. Die Schule vermittelte ihm dann den Kontakt zu Regula Bühler von Autismus Schweiz, die sofort begeistert war, dass ein Detailhändler ein so ungewöhnliches Experiment wagen wollte. Die Organisation hatte schon verschiedentlich Anläufe in diese Richtung unternommen, aber bisher wollte niemand einsteigen. «Der Initialaufwand war grösser, als ich dachte», lacht Schnellmann, «allerdings eher der zeitliche als der finanzielle.» Es mussten Zeituhren installiert werden, Gilets und Plakate produziert werden und auch das Personal musste entsprechend ausgebildet werden. «Aber aller Aufwand relativiert sich, wenn man spürt, dass man einem Menschen ein Stück Lebensqualität zurückgeben kann.» Aktuell arbeitet Hans-Ruedi Schnellmann zusammen mit Autismus Schweiz an weiteren Ideen, wie man das Einkaufen für Menschen mit Beeinträchtigungen noch zugänglicher machen kann.
Es gibt während der Stillen Stunde keine Einschränkungen. Die SPAR Märkte sind ganz normal für alle offen. «Es gibt durchaus Kunden, die während dieser Zeit ganz bewusst nicht bei uns einkaufen, weil es ihnen zu dunkel ist. Aber auch diese Kundinnen und Kunden unterstützen unsere Initiative und kaufen halt zu andern Zeiten bei uns ein», beschreibt Hans-Ruedi Schnellmann die positiven Reaktionen seiner Kundschaft. «Aber es gibt – vor allem unter unseren älteren Kunden – auch solche, die ebenfalls speziell zur Stillen Stunden bei uns erscheinen. Sie schätzen einfach die Ruhe, mit der sie dann bei uns einkaufen können. Meine SPAR Märkte sind echte Nachbarschaftsmärkte. Bei uns kennt und schätzt man sich. Und eine gute Nachbarschaft ist für mich, wenn man aufeinander achtet und einander hilft. Für mich und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es darum eine Selbstverständlichkeit, dass wir dafür sorgen, dass auch Menschen mit Beeinträchtigungen alles erleben können, was eine gute und lebendige Nachbarschaft ausmacht, und dazu gehört bei uns eben auch die Stille Stunde.»