So gern viele Menschen den Winter mögen. Spätestens im Februar wären ihn die meisten gerne wieder los. Genug gefroren, Autoscheiben freigekratzt und Schnee geschaufelt. Nur, wie wird man den frostigen Gesellen los? Vielleicht in dem man ihm Angst macht, dachten sich unsere Vorfahren. Viele dieser teils sehr archaische Bräuche haben sich erhalten und werden auch heute noch mit Hingabe zelebriert. Ob explodierende Schneemänner auf einem Scheiterhaufen, peitschenknallende Teenager oder finstere Gesellen in Tierhäuten. Hierzulande scheint kein Spektakel bizarr genug zu sein, um die kalte Jahreszeit zu verabschieden.
Es ist noch gar nicht so lange her, als auch bei uns die Menschen überzeugt waren, dass herumirrende Geister und Dämonen den erlösenden Frühlingseinzug verhinderten. So sollten zahlreiche Rituale mit viel Lärm und furchteinflössenden Masken und Verkleidungen die Natur aus dem Winterschlaf erwecken und die bösen Geister verjagen. Es ist wohl angemessen zu sagen, dass der Glaube an Geister und Dämonen heutzutage nicht mehr sehr verbreitet ist. Die Bräuche selbst werden aber immer noch mit viel Begeisterung gefeiert. Der am weitesten verbreitete Brauch, den viele heute nicht mehr in erster Linie mit seiner ursprünglichen Bedeutung in Verbindung bringen, ist die Fasnacht. Heute ist sie in erster Linie eine fröhlich-bunte Ablenkung am Anfang des Jahres. Im Mittelalter, als die Fasnacht entstand, war es die letzte Gelegenheit vor der für alle verpflichtend geltenden Fastenzeit noch einmal zu schlemmen, zu tanzen, zu musizieren und dabei die letzten verbliebenen Wintervorräte aufzubrauchen. Das ausgelassene Fest hat sich in der Schweiz bis heute prächtig erhalten und wird je nach Region ganz verschieden gefeiert. Laut und anarchisch wie in Luzern oder etwas gediegener und «organisierter» wie in Basel, wo die Schnitzelbänklern, geschützt von einer Maske ungeschminkt gegen «die da oben» austeilen dürfen. Neben der Fasnacht gibt es noch unzählige weitere interessante und ausgefallene Traditionen. Solche wie das Sechseläuten, die man kennt und andere, die zu entdecken sich lohnen wird.
Nein, Tschäggättä ist nicht der Name eins finnischen Dorfes, sondern der Name eins jahrhundertealten Brauches im Walliser Lötschental. Woher er genau kommt, darüber gibt es verschiedene Legenden. Früher waren es ausschliesslich ledige Männer, die in Schaf- und Ziegenfelle gehüllt, mit lauten Schellen behangen, die Gesichter hinter furchterregend geschnitzten Holzmasken verborgen den Talbewohnern – vor allem den jungen Frauen – Angst einjagten. Denn im Lötschental diente die Tschäggättä sozusagen als frühzeitliches Tinder. Manche Ehe bahnte sich mit Geschrei und Schellengeläut an. Das Vertreiben des Winters nahm man als Nebeneffekt gerne in Kauf. Heute gibt es andere Wege sich kennenzulernen. Darum verbergen sich hinter den gfürchigen Masken mittlerweile auch viele Frauen.
Die «Eierläset» ist ein etwas komplizierter, aber dafür umso unterhaltsamerer Brauch. Vereine in zahlreichen Dörfern in den Kantonen Aargau, Solothurn und Basel Land legen dafür jeweils zwei Bahnen mit jeweils 80 – 100 Sägemehlhaufen an. Auf jedes Häufchen wird sorgfältig ein Ei gebettet. Zwei Gruppen – wovon eine den Frühling, die andere den Winter verkörpert – treten nun gegeninander. Es gewinnt die Jahreszeit, dessen Team alle Eier zuerst in der Spreuwanne des Fängers deponiert hat. Wie dies zu geschehen hat, sprengt leider den Umfang dieses Artikel. Erkundigen Sie sich am besten wo es ein «Eierläset» gibt und sehen Sie es sich live an. Sie werden es nicht bereuen.
Der Chalandamarz war ein lokal bekannter Engadiner Brauch. Bis zu dem Zeitpunkt als ihn Selina Chönz mit ihrem «Schellen-Ursli» zu Bekanntheit verhalf. Am Chalandamarz zieht die Dorfjugend mit Gesang, lautem Kuhglocken-Geläut und Peitschenknallen durch die Strassen. Die historischen Wurzeln sind tief und reichen zurück bis ins 1. Jahrhundert, als die Römer über Rätien herrschten. Chalandamarz setzt sich aus den lateinschen Wörtern «kalendae» (der erste Tag) und «martius» (März) zusammen. Und so vertreiben in Rätien seit über 2000 Jahren am 1. März laute Teenager den bösen Winter.
Das Volksfest «La Feuillu» sorgt jeweils am ersten Maisonntag für die Rückkehr des Genfer Frühlings. Im Zentrum der Festlichkeiten steht dabei ein Kinderumzug, bei dem die mit Blumenkränzen geschmückten Kinder singend und tanzend durch die Gemeinden ziehen. In der Mitte auf einem Wagen dabei, die Maikönigin und der Maikönig und «Le Feuillu» - eine aus Ästen und Zweigen gebaute Figur. Die Symbolik deutet darauf hin, dass der Brauch auf eine heidnische Tradition aus keltischen Zeiten zurückgeht. Während des gestrengen Regimes von Calvin verboten, wurde der Brauch im 19. Jahrhundert wiederbelebt und erfreut sich im Kanton Genf wieder grosser Beliebtheit.